Wolfweg "Der Letzte Wolf im Odenwald"
Vom Wanderparkplatz Breitenstein aus führt der Weg über die Breitensteinäcker zunächst hinauf auf 428 m über NN, dann durch ein Waldgebiet auf dem Wolfsweg zum Wolfsstein - dem Denkmal des letzten Wolfs vom Odenwald.
An dieser Stelle wurde am 12. März 1866 ein Wolf vom Waldhüter Walter aus Wagenschwend beobachtet, wie er sich an einem Tierkadaver gütlich tat. Der Wolf lief im Zick-Zack-Kurs durch die Wälder, der Waldhüter immer hinterher, bis der Wolf bei Mülben einen Schlupfwinkel aufsuchte. Der Waldhüter alarmierte den markgräflichen Jäger Kinzer, der in kürzester Zeit alle waffenfähigen Männer der Winterhauchgemeinden zur Treibjagd zusammenrufen konnte; es waren 120 Schützen und 130 Treiber.
Dem Strümpfelbrunner Schützen Karl Kraft kam der Wolf schließlich am Abend vor die Flinte - er traf in aber nicht tödlich, das Tier konnte sich in der Dunkelheit davon schleppen. Am nächsten Tag brauchten die Jäger nur der Blutspur im Schnee folgen und dem waidwunden Tier den Gnadenschuss verpassen.
Über den "letzten Wolf im Odenwald" wurde seiner Zeit schon viel in den Zeitungen geschrieben. Manches erscheint für unsere gegenwärtige Wahrnehmung der einst heimischen Großraubiere wie Wolf oder Luchs übertrieben und mythisch verklärt. Allerdings wissen wir auch, dass eine bäuerlich und viehwirtschaftlich ausgerichtete Kultur, wie wir sie im 19. Jahrhundert natürlich auch noch im Odenwald hatten, die Existenz solcher Raubtiere mit anderen Augen sehen musste als dies in unserer Zeit der Fall ist.
Heute stehen Wolf, Luchs und Co. unter Naturschutz und ihr Abschuss ist strafbar. Da Baden-Württemberg als Wolferwartungsland gilt, das heißt als Lebensraum für einwandernde Wölfe durchaus wieder attraktiv werden kann, ist ein sorgfältiges Wildtier-Management unter Einbeziehung aller Interessengruppen erforderlich geworden: Bauern und Schäfer, Jagdpächter, Vertreter von Forst und Naturschutz sowie Akteure im Naturtourismus. Auch Entschädigungsfonds für seltene Nutztierrisse werden bereitgestellt. Sachliche Aufklärung, Monitoring und wildbiologische Forschung ist zu leisten.
Überkommene Mensch-Wildtier-Beziehungen aus dem 19. Jahrhundert, die Wolf, Luchs und andere große Beutegreifer schlichtweg als Schädlinge ansahen, benötigen eine gründliche Entmythologisierung. Der gefeierte Abschuss des (vorerst!) "letzten Wolfes aus dem Odenwald" ist nur aus der Perspektive seiner Zeit verstehbar und muss heute unter gänzlich veränderten Gesichtspunkten beurteilt werden.
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