Absicherung beim Klettern – Hakenarten, Klemmgeräte, Bandschlingen, Expressschlingen und Sicherungsgeräte

Beim Klettern sollte man die verschiedenen Hakenarten, Klemmgeräte und Bandschlingen kennen und in ihrer Art und Qualität unterscheiden können. Haken, Klemmgeräte, Expressschlingen und Bandschlingen benötigt man als Zwischensicherungen und zum Standplatzbau, Sicherungsgeräte mit Karabiner zum Sichern des Seilpartners. 

Hakenarten

Bohrhaken

Die große Familie der Bohrhaken kann in zwei Kategorien unterteilt werden: in Verbundhaken und mechanische Bohrhaken. Verbundhaken werden im Kletterjargon auch als Klebehaken bezeichnet. Sie werden chemisch mit einem Schnellbindezement oder einem Zwei-Komponenten-Mörtel im Bohrloch eingebunden. Mechanische Bohrhaken dagegen, bilden ohne Kleber eine Art Verzahnung mit dem Fels, entweder durch ein Hinterschnittsystem oder ein Gewinde im Fels. Sie bestehen immer aus mindestens zwei Komponenten. Das ist einmal der Haken an sich und die Bohrhakenlasche (Hänger, Plättchen).

Sowohl Verbundhaken als auch mechanische Bohrhaken sind sichere Fixpunkte, wenn sie in soliden Fels richtig gesetzt werden. Verbundhaken (Klebehaken) weisen die höchste Festigkeit auf, sind aber gleichzeitig auch extrem anfällig für Setzfehler. Beim Setzen von mechanischen Bohrhaken sollte man darauf achten, dass der Fels keine Risse aufweist und mindestens 15 cm Platz zu Rissen, Löchern und Kanten vorhanden ist. Außerdem muss der Bohrhakendübel bis zum Anschlag im Bohrloch verschwinden.

 

Mit folgenden Kriterien kann man die Bohrhakenqualität überprüfen:

  • Rost bedeutet Korrosion und entsteht durch Hitze, Feuchtigkeit, Abgase und Salzwasser (sehr schlecht, auch bei geringen Anzeichen ist Vorsicht geboten)
  • Gewinde bei mechanischen Bohrhaken weit über der Mutter (ebenfalls schlecht)
  • Drehmoment-Test mit Karabiner bei Klebehaken (Karabiner quer in den Klebehaken legen und einen Hebel ausüben, wenn sich der Klebehaken bewegt, ist das sehr schlecht)
  • Komische Haken der Marke Eigenbau sind fragwürdige Fixpunkte
  • Bohrhaken müssen genügend Abstand zu Rissen, Löchern, Kanten, etc. haben

Sehr detailliert wird das ganze Thema in der Bohrhakenbroschüre des Deutschen Alpenvereins behandelt. 

Normalhaken

Normalhaken sind Felshaken, die mithilfe eines Hammers in Risse in den Fels geschlagen werden. Daher werden sie auch als Schlaghaken bezeichnet. Bevor es Bohrhaken gab, waren Normalhaken die Sicherungsmittel beim Alpinklettern. Heutzutage findet man sie vor allem in klassischen, alpinen Routen. Sie sind aber weiterhin nicht wegzudenken, da ein guter Normalhaken in solidem Fels einen sicheren Fixpunkt darstellt, wenn er selbst geschlagen wurde. 

Bei Normalhaken lässt sich die Hakenqualität gegenüber Bohrhaken etwas schwieriger überprüfen:

  • Einschlagposition und Felsqualität abschätzen
  • Korrosionszustand durch Rost beurteilen
  • Festigkeit des Normalhakens im Fels überprüfen
  • Wer einen Hammer dabei hat, der kann vorsichtig auf den Haken schlagen und anhand des Schlaggeräuschs die Qualität besser beurteilen.

Am besten lässt sich die Qualität des Normalhakens durch denjenigen beurteilen, der den Haken selbst geschlagen hat. Er spürt den Einschlagwiderstand und weiß, ob der Haken beim Hämmern gesungen hat und wie lang der Schaft war. Unter dem „Singen“ des Hakens versteht man den immer höheren Ton, der von Hammerschlag zu Hammerschlag entsteht. Einem einzelnen Schlaghaken als einzigen Fixpunkt für den Standplatz sollte man niemals vertrauen. Hier müssen weitere Normalhaken oder mobile Fixpunkte mit ihm verbunden werden. Außerdem sollte man Normalhaken als Zwischensicherungen in schwierigem Gelände mit zu großen Sicherungsabständen nicht in Kauf nehmen, sondern lieber etwas dazulegen oder neue Haken schlagen.

Normalhaken gibt es in unterschiedlichen Größen und aus verschiedenen Materialien:

  • Weichstahlhaken (Kalkstein): passt sich dem Rissverlauf an und verformt sich, mindestens ein Drittel der Gesamtlänge muss in den Riss eingesteckt werden und dann bis zum Anschlag eingeschlagen werden
  • Hartstahlhaken (Granit): verklemmt sich in parallelen Rissen, sollte bis zu zwei Drittel der Gesamtlänge in den Riss eingesteckt werden und dann ebenfalls bis zum Anschlag eingeschlagen werden

Natürliche Fixpunkte

Baumschlingen, Sanduhrschlingen und Köpfelschlingen können als natürliche Fixpunkte für Zwischensicherungen oder zum Standplatzbau verwendet werden. Man sichert die Fixpunkte mit Bandmaterial oder Reepschnüren aus Kevlar oder Dyneema ab. 

 

BAUM:

Man kann gut Wurzeln, Äste, Latschen und Bäume als mobilen Fixpunkt oder Zwischensicherung verwenden. Dafür benutzt man entweder vernähte Bandschlingen aus Polyamid, Dyneema oder Mischmaterial oder Reepschnüre aus Kevlar, Dyneema oder Polyamid. Man legt die Bandschlinge oder Reepschnur mit einem Ankerstich um den Baum. Das Seil direkt um den Baum zu legen, ist ein No-Go, weil man mit dem Seil die Rinde beschädigen kann. 

Ein Baum muss folgende Voraussetzungen erfüllen um ihn als Absicherung zu nutzen:

  • Baum/Latsche muss gesund sein, nicht morsch und bereits abgestorben
  • mindestens 10 cm breit 

 

SANDUHR:

Anders als bei der Baumschlinge befestigt man die Sanduhrschlinge nicht mittels Ankerstich, sondern ringförmig, sodass sie sich auf den Sockel legt und durch den Ankerstich nicht automatisch an den dünnsten Punkt der Sanduhrschlinge gelangt, der die geringste Festigkeit aufweist. Besonders bei einer tiefen und dünnen Sanduhr sollte man eine Kevlar-Reepschnur verwenden, die besonders reißfest und steif ist.

Eine Sanduhr muss folgende Voraussetzungen erfüllen um sie als Absicherung zu nutzen:

  • sie darf keine Risse aufweisen
  • an der schwächsten Stelle mindestens 10 cm breit

 

FELSKOPF:

Einen Felskopf kann man gerade im alpinen Gelände gut als mobilen Fixpunkt oder als Zwischensicherung verwenden. Hierfür sollte man Bandschlingen aus Dyneema, Kevlar oder Mischmaterial verwenden, da Reepschnüre durch ihre runde Form schneller abrollen können. 

Ein Felskopf muss folgende Voraussetzungen erfüllen um ihn als Absicherung zu nutzen:

  • er muss fest und groß genug sein (prüfen!)
  • er darf keine Risse haben

Mobile Fixpunkte

Es gibt unterschiedlich gut abgesicherte Alpinkletterrouten. Je nach Begehungsstil kann man Routen komplett clean begehen, das heißt ohne fixe Sicherungspunkte und nur mobile Sicherungsmittel wie Klemmgeräte und Schlingenmaterial als Zwischensicherungen und zum Standplatzbau verwenden. Man hinterlässt damit keine bis kaum Spuren im Fels. Bei sehr gut abgesicherten Plaisirrouten benötigt man keine zusätzlichen, mobilen Sicherungsmittel, da genügend Bohrhaken vorhanden sind. In mittelmäßig abgesicherten Routen muss man gelegentlich mit Klemmgeräten und Schlingenmaterial die Absicherung verbessern, um größere Stürze durch größere Hakenabstände zu vermeiden. 

Der große Unterschied zwischen Klemmgeräten und Bohrhaken ist, dass Klemmgeräte fast immer nur in eine Richtung belastbar sind, wohingegen Bohrhaken in alle Richtungen belastbar sind. 

Man unterscheidet Klemmgeräte in aktive und passive Klemmgeräte.

Passive Klemmgeräte = nicht beweglich (günstiger und leichter)

Aktive Klemmgeräte = beweglich (teurer und schwerer)

What's On A Trad Rack
Video: EpicTV Climbing Daily

Bandschlingen – Polyamid, Dyneema, Kevlar oder Hybrid?

Bandschlingen benötigt man beim Alpinklettern zum Standplatzbau, für Zwischensicherungen an Felsköpfen oder Sanduhren, zum Verlängern von Zwischensicherungen und als Selbstsicherungsschlinge zum Abseilen. Im Folgenden werden die verschiedenen Materialien, deren Einsatzbereiche sowie die Vor- und Nachteile näher erläutert.

Was sollte man sonst noch über Bandschlingen wissen?

Wie lang sollte eine Bandschlinge sein?

  • 60 cm: Selbstsicherungsschlinge, Alpinexen, Fädeln von Sanduhren
  • 90 cm: Alpinexen
  • 120 cm: Standplatzbau, Felsköpfelschlingen
  • länger als 120 cm: Standplatzbau an vielen Fixpunkten, Spaltenbergung


Welche Knoten sind für Bandschlingen geeignet? 

Am besten man vermeidet Knoten in Bandschlingen. Schlingen aus Dyneema haben eine sehr glatte Oberfläche. Werden diese mit 2 kN belastet, beginnt der Knoten zu rutschen. Auch selbstgeknotete Schlingen aus Polyamid sind mit äußerster Vorsicht zu genießen. Generell kann man sagen, dass sich durch Knoten die Festigkeit bei Polyamid-Schlingen um ca. 50 %, bei Kevlar und Dyneema sogar um bis zu 75 % verringert. 


Wie lange sind Bandschlingen haltbar?

Das kommt auf das Material und das Nutzungsverhalten an. Wenn es keine sichtbaren Materialschäden gibt, geht man von einer Benutzungsdauer von drei bis zehn Jahren aus, je nachdem in welchem Zustand die Bandschlinge ist (UV-Strahlung, Abrieb). Eines ist auf jeden Fall sicher, wenn es um das Thema Sicherheit geht, sollte man nicht zögern, sich einfach eine neue Schlinge zu kaufen, wenn die alte keinen guten Eindruck mehr macht.


Wichtige Hinweise:

  • Niemals in Bandschlingen stürzen, da sich diese kaum dehnen. Wenn man Bandschlingen für verlängerbare Alpinexen nutzt, fällt man zwar auch in die Bandschlinge, jedoch wird der Sturz durch die Seildehnung dynamisch abgefangen. Hält man dagegen die Selbstsicherungsschlinge nicht auf Spannung und stürzt in sie hinein, kommt es zu einem dynamischen Lasteintrag auf die Schlinge und sie reißt, und das schon bei niedrigen Sturzhöhen. 
  • Niemals direkt an einer Bandschlinge den Seilpartner ablassen (Schmelzverbrennung!).
  • Bei Sanduhren oder Köpfelschlingen hängt oft fixes Schlingenmateriel, dieses sollte man kritisch prüfen und lieber eigene Bandschlingen legen.
  • Absolute Vorsicht mit Chemikalien, auch wenn man äußerlich am Material nichts sieht.
How to choose the BEST quickdraws for climbing
Video: Cragcloud

Sicherungsgeräte

Die besten Sicherungsgeräte:

Anfänger: Black Diamond – ATC Pilot (Gewicht: 92 g, Einfachseile von 8,7 bis 10,5 mm)

Sportklettern: Petzl – GriGri (Gewicht: 200 g, für Einfachseile von 8,5 - 10 mm)

Bester Tuber: Black Diamond – ATC Guide (Gewicht: 80 g, für Seile von 8,1 bis 11 mm)

Alpinklettern: Edelrid – MegaJul (Gewicht: 65 g, für Seile von 7,9 - 10,5 mm)

Climb Safe: How to belay with the Ergo / ATC Pilot
Video: Deutscher Alpenverein (DAV)
Climb Safe: How to belay with the Grigri
Video: Deutscher Alpenverein (DAV)

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